Pessar – was macht ein Pessar?

Ein Pessar ist ein medizinisches Hilfsmittel, das vor allem für Frauen mit Senkungsbeschwerden – wie etwa bei einer Gebärmuttersenkung entwickelt wurde. Wann und wie Sie ein Pessar benutzen, erfahren Sie hier.

Ratgeber Pessar – was macht ein Pessar?

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Anja Lang Medizinjournalistin

Ein Pessar ist ein medizinisches Hilfsmittel, das vor allem für Frauen mit Senkungsbeschwerden – wie etwa bei einer Gebärmuttersenkung -  entwickelt wurde. Ziel der Pessartherapie ist es, die abgesunkenen Strukturen und Organe im Becken mechanisch anzuheben und damit wieder in ihre richtige Position zu bringen. So kann die verlorengegangene Stützkraft im unteren Becken in vielen Fällen wiederhergestellt oder zumindest verbessert werden. Dazu wird das Pessar in die Scheide eingeführt, wo es leichten Druck auf die Scheidenwand ausübt und dabei einen gewissen „Lifting-Effekt“ erzeugt. Ein Pessar besteht in der Regel aus Silikon, allergiearmem Kunststoff oder auch Kautschuk und ist in unterschiedlichen Größen und Formen, z.B. als Würfelpessar, Ringpessar, Zapfenpessar, etc. verfügbar. Es darf nicht verwechselt werden mit einem Diaphragma, das umgangssprachlich oft ebenfalls als Pessar bezeichnet wird, jedoch – anders als das Pessar - der Empfängnisverhütung dient.

Anwendungsfälle für ein Pessar

Im Vordergrund der Behandlung mit Scheidenpessaren stehen leichtere Senkungsbeschwerden, wie z.B. eine leichte Gebärmuttersenkung, die sich mit Druck- und Fremdkörpergefühl in der Scheide sowie einer leichten Harnkontinenz  insbesondere beim Lachen, Husten, Niesen, etc., bemerkbar machen. Spezielle Cerclage Pessare können darüber hinaus zur Stützung sowie dem Verschluss eines geschwächten Muttermundes während der Schwangerschaft eingesetzt werden. Die Anwendung erfolgt hier nicht selbst. In der Regel wird ein Cerclage Pessar, als Hilfsmittel aus dem Bereich der Gynäkologie, vom behandelnden Frauenarzt bzw. der Frauenärztin bei der Patientin korrekt platziert, um einer drohenden Frühgeburt vorzubeugen.

Haupteinsatzgebiete für die Therapie mit Scheidenpessaren sind damit:

  • Leichte Senkungsbeschwerden, z.B. infolge einer Absenkung der Gebärmutter
  • Senkungsbeschwerden durch eine leichte Scheidensenkung
  • Leichte Formen von Harninkontinenz – vor allem Belastungsinkontinenz und Dranginkontinenz 
  • Verschluss und Stabilisierung des Muttermundes mithilfe eines Pessar Rings, dem sogenannten Cerclage Pessar, bei drohender Fehl- oder Frühgeburt während der Schwangerschaft., insbesondere bei Mehrlingsgeburten sowie einer Muttermundschwäche.

Die Pessartherapie kann aber auch bei mittleren bis schweren Senkungsbeschwerden, wie etwa einem Scheidenvorfall, einer Rektozele, einem Gebärmuttervorfall oder einem Vorfall der Blase angewendet werden. Davon spricht man, wenn Muskeln, Bindegewebe und Bänder, die die Beckenorgane normalerweise in ihrer Position halten, so stark geschwächt bzw. erschlafft sind, dass sich die Scheide nach außen stülpt, es zu einer Aussackung des Mastdarms in Richtung der Scheide kommt (Rektozele), Gebärmutter oder auch Blase in den Scheidenkanal hinein absinken.

Diese schweren Formen der Beckenbodensenkung werden in der Regel operativ behandelt. Ist eine Operation jedoch nicht gewünscht oder erscheint der chirurgische Eingriff, z.B. aufgrund des fortgeschrittenen Alters oder auch bestimmter Vorerkrankungen der Patientinnen zu riskant, können Pessare auch zur Behandlung von mittleren bis schweren Senkungsbeschwerden, eingesetzt werden. Sie wirken zwar nicht ursächlich gegen die Genitalsenkung, lindern aber die Symptome während des Tragens und können eine weitere Verschlimmerung verhindern oder zumindest hinauszögern. Ergänzend zur Pessartherapie sollte allerdings immer auch ein regelmäßiges Beckenbodentraining durchgeführt werden, was hilft den Beckenboden wieder zu kräftigen und damit die Beschwerden ursächlich zu lindern.  

Unterschiedliche Arten von Pessaren

Zur nichtoperativen Behandlung von Beckenboden- bzw., Genitalsenkungen mit und ohne Harninkontinenz, stehen – je nach Beschwerdebild - verschiedene Arten von Scheidenpessaren zur Verfügung. Welches Pessar für Betroffene jeweils geeignet ist, entscheidet der behandelnde Arzt. In einer körperlichen Untersuchung kann er außerdem auch feststellen welche Größe jeweils passend ist:

  • Ringpessar 
    Geeignet für die Behandlung von leichten Senkungsbeschwerden und leichter Belastungsinkontinenz
  • Schalenpessar und Siebschalenpessar 
    Beide sind geeignet zur Behandlung von leichten Senkungsbeschwerden. Das Siebschalenpessar besitzt zusätzlich Perforationen, um das Ablaufen von Scheidensekret zu erleichtern.
  • Würfelpessar 
    Geeignet zur Behandlung von mittleren bis schweren Senkungen und geringer Stabilität des Beckenbodens. Durch den Saugnapfeffekt der glatten Auflagefläche halten Würfelpessare besonders gut.  
  • Keulenpessar 
    Geeignet für Patientinnen mit Rektozele sowie Scheiden- und Gebärmuttervorfall. Das Keulenpessar bietet einen besonders starken Halt auch bei schweren Senkungen und großen Prolapsen (Vorfällen)
  • Cerclage Pessar 
    Geeignet für Schwangere zur Stützung bzw. zum Verschluss und besseren Halt des Muttermundes, um eine drohende Frühgeburt zu verhindern.

Das Einsetzen und Entfernen eines Pessars

Pessare können vom Frauenarzt bzw. der Frauenärztin eingesetzt werden und für eine gewisse Zeit in der Scheide verbleiben. Alle sechs bis acht Wochen muss die Patientin dann allerdings wieder in die Praxis kommen, um das Pessar wechseln zu lassen.

Kann man Pessar selbst einsetzen?  

Verträglicher für die empfindliche Schleimhaut ist es allerdings, wenn das Pessar täglich gewechselt wird. Moderne Pessare sind aus hautfreundlichen und flexiblen Materialien gefertigt, die es ermöglichen, dass Patientinnen das Pessar auch selbst sehr gut einsetzen und wieder entfernen können. Dazu wird ein wenig Gleitgel bzw. bei Frauen in den Wechseljahren auch hormonhaltige Gleitcreme auf das Pessar aufgetragen und dieses, wie ein Tampon eingeführt und platziert. Anfangs braucht es vielleicht ein wenig Übung. Insbesondere Würfelpessare sind etwas gewöhnungsbedürftig, aber mit der Zeit entwickelt sich meist schnell eine Routine.  

Wie entferne ich ein Pessar?  

Die meisten Pessare verfügen über einen Rückholfaden, über den das Pessar bequem wieder entfernt werden kann. Bei einem Vaginalwürfel bzw. auch beim Keulenpessar wird der starke Halt jedoch über einen Unterdruck erzeugt. Hier ist es wichtig, erst den Unterdruck zu lösen, bevor das Pessar herausgezogen wird. Das funktioniert, in dem die Patientin die Kanten des Würfels mit den Fingerspitzen ertastet und diese dann leicht hin und herbewegt. Beim Keulenpassar muss der tastbare Stiel in Richtung Symphyse bewegt werden, um das Pessar mit der zweiten Hand sanft vom Gewebe zu lösen.

Wie oft muss ein Pessar gewechselt werden?  

Es gibt viele unterschiedliche Arten an Pessaren, die unterschiedlich lange im Körper verbleiben können. Manche sind dafür gedacht, nach dem Einsetzen für mehrere Wochen an Ort und Stelle zu bleiben. Sie werden anschließend vom Arzt entfernt bzw. gewechselt. Das ist z.B. bei einem Cerclage Pessar in der Schwangerschaft der Fall. Therapeutische Pessare bei Senkungsbeschwerden können in vielen Fällen ebenfalls, meist bis zu 30 Tage oder auch länger, im Körper verbleiben, um dann vom Arzt oder der Anwenderin gewechselt werden. Besser und verträglicher für den Körper, insbesondere bei Senkungsbeschwerden, ist es allerdings das Pessar täglich zu wechseln. Denn ein Pessar ist immer ein Fremdkörper, der zu Irritationen und Entzündungen im Unterleib führen kann. Deshalb wird in der Regel empfohlen das Pessar – soweit das für die Patientin möglich ist - morgens selbst einzusetzen und abends wieder zu entfernen, damit sich die empfindliche Schleimhaut über Nacht wieder erholen kann. Wichtig ist außerdem das Pessar nach dem Entfernen mit lauwarmem Wasser sowie gegebenenfalls etwas Seife regelmäßig gründlich zu reinigen.  

Wie lange darf man ein Pessar tragen?

Die Pessartherapie ist keine ursächliche, sondern eine symptomatische Therapie. Sie kann so lange fortgeführt werden, wie die Anwenderin es wünscht und die Behandlung die Beschwerden ausreichend lindert. Oft kann eine Operation so über Jahre hinausgezögert werden. Eine Ausnahme sind Cerclage Pessare. Sie werden in der Regel vom behandelnden Gynäkologen bzw. der Gynäkologin eingesetzt und verbleiben im Rahmen einer Schwangerschaft längstens bis kurz vor dem Geburtstermin am Muttermund.  

Was ist ein Pessar Ring?

Ein Pessar Ring oder auch Ringpessar ist ein Pessar, das vor allem zur Behandlung von leichteren Senkungsbeschwerden verwendet wird.

Kann der Pessar Ring verrutschen?  

Bei der Pessartherapie ist es wichtig die jeweils richtige Größe des Pessars zu ermitteln. Ist das Pessar zu klein, kann es verrutschen oder sogar herausfallen. Ist das Pessar zu groß, kann es unangenehm drücken oder auch beim Wasserlassen hinderlich sein. Optimalerweise sollte das Pessar beim Tragen gut und stabil sitzen und nicht spürbar sein.

Pessar Nebenwirkungen  

Pessare üben Druck auf das empfindliche Scheidengewebe aus. Dadurch kann es zu Schleimhautveränderungen bis hin zu Geschwüren kommen. Außerdem sind Entzündungen und Harnwegsinfekte leichter möglich. Um Druckverletzungen zu vermeiden, wird empfohlen das Pessar täglich zu wechseln. Um mögliche Infektionen vorzubeugen, sollte das Pessar vor dem erneuten Einsetzen immer gründlich gereinigt werden und die Hände penibel sauber gehalten werden. Das Auftragen von Gleitgel erleichtert das Einführen sowie das Entfernen. Bei Frauen nach den Wechseljahren werden östrogenhaltige Vaginalcremes empfohlen.

Wird ein Pessar von der Krankenkasse bezahlt?  

Pessare sind zugelassene medizinische Hilfsmittel, die unter bestimmten Voraussetzungen von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Sie müssen immer von einem Arzt verordnet werden, der ein Rezept für dieses Hilfsmittel ausstellt.

Inkontinenzeinlagen als Alternative zum Pessar  

Eine Pessartherapie kann in vielen Fällen sehr hilfreich sein. Sie ist aber nicht für alle Formen von Inkontinenz geeignet bzw. auch nicht immer als alleinige Therapieform ausreichend. So kann es Sinn machen die Pessartherapie mit der Verwendung von diskreten Inkontinenzeinlagen  zu ergänzen, um sich in allen Situationen sicher und trocken fühlen zu können. Auch wenn, das Scheidengewebe sehr empfindlich reagiert, die Patientin bettlägerig ist oder auch, wenn das Einsetzen bzw. Wechseln eines Pessars, z.B. eine aufgrund einer fortgeschrittenen Demenz, schwierig ist, kann die Behandlung mit Inkontinenzprodukten speziell für Frauen eine sinnvolle Alternative darstellen.