Reizblase - Was hilft bei einer hyperaktiven Blase?

Umgangssprachlich sprechen wir von einer Reizblase, fachlich wird es überaktive bzw. hyperaktive Blase genannt. Welche Symptome damit einhergehen, welche Ursache es hat und wie man eine Reizblase behandeln kann, erfahren Sie hier.

Ratgeber Reizblase - Was hilft bei einer hyperaktiven Blase?

Autoren-Profil

Anja Lang Medizinjournalistin

Die überaktive oder hyperaktive Blase, umgangssprachlich auch Reizblase oder nervöse Blase genannt, ist eine häufige Erkrankung. In Deutschland sind rund 16 Prozent der Bevölkerung von diesem Leiden betroffen – Frauen häufiger als Männer. Mit steigendem Lebensalter nimmt die Zahl der Erkrankten deutlich zu. 

Symptome der Reizblase

Das Erscheinungsbild der Reizblase ähnelt dem einer Blasenentzündung bzw., wenn ungewollter Urinverlust dazukommt, auch dem einer Dranginkontinenz. Zu den typischen Symptomen der überaktiven Blase bzw. Reizblase zählen:

  • Sehr häufiger, überfallartiger und starker Harndrang
  • Häufige Toilettengänge – mehr als acht Mal pro Tag - bei denen aber nur wenig Urin abgegeben wird
  • Nykturie – also häufiges Wasserlassen in der Nacht (mindestens zwei Mal in der Nacht)
  • Teilweise Blasenschwäche mit ungewolltem Verlust von Urin, wenn die Toilette nicht rechtzeitig erreicht werden kann
  • Teilweise Schmerzen bei Reizblase am Ende des Wasserlassens
  • Nachträufeln von Urin

Ursachen der Reizblase

Die genauen Ursachen der überaktiven oder hyperaktiven Blase sind noch nicht vollständig ermittelt. Es gibt viele verschiedene Faktoren, die dazu führen können, dass sich der Blasenmuskel unkontrolliert zusammenzieht, obwohl die Blase nur ansatzweise gefüllt ist. Die Reizblase gilt dabei als Ausschlussdiagnose oder „Restkategorie“, wenn keine anderen naheliegenden organischen Ursachen für die Fehlfunktion des Blasenmuskels gefunden werden können.

Zu den möglichen Ursachen, die eine Reizblase verursachen oder begünstigen können, zählen unter anderem:

  • Östrogenmangel bei Frauen mit Beginn der Wechseljahre
  • Schwangerschaften
  • Psychischer Stress, seelische Belastungen, Ängste
  • Sexuelle Traumata im Vorfeld
  • Übergewicht und chronische Verstopfung
  • Prostatavergrößerung beim Mann
  • Gebärmuttersenkung bei der Frau
  • Ungünstiges Toilettenverhalten
  • Häufige oder chronische Blasenentzündungen
  • Alterstypische Veränderungen der Harnwege

Ist eine Reizblase psychosomatisch?

Die Psyche kann bei der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Reizblase eine große Rolle spielen. Emotionaler Stress, Ängste, Sorgen, Partnerschaftsprobleme sowie vorangegangene Traumata durch Missbrauch, können sich immer auch auf körperlicher Ebene zeigen und in Form einer Stressblase oder Reizblase sichtbar werden. In der Folge entsteht oft ein Teufelskreis. Denn aus Angst davor nicht rechtzeitig eine Toilette finden zu können, richten Betroffene all Ihre Unternehmungen danach aus, wie sicher ein akuter Toilettenbesuch möglich ist. Sie leben damit in ständiger psychischer und körperlicher Anspannung, was die Symptome der Reizblase weiter verstärkt und aufrechterhält. Die überaktive Blase galt deshalb lange Zeit als vorrangig als psychische bzw. psychosomatische Erkrankung infolge von Stress. Heute weiß man aber, dass neben Stress, auch noch andere Ursachen bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Reizblase eine Rolle spielen können.

Reizblase bei der Frau, Schwangerschaft und Wechseljahre

So zeigen diverse Studien, dass auch starke hormonelle Veränderungen an der Entstehung einer Reizblase beteiligt sein können. Davon sind insbesondere Frauen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren betroffen, bei denen die Reizblase auch mit Abstand am häufigsten auftritt. So wirkt sich der sinkende Östrogenspiegel bei Frauen in den Wechseljahren auch auf die Schleimhäute im Urogenitaltrakt aus und macht sie dünner und damit sensibler und anfälliger für das Reizblasensyndrom. Es ist bekannt, dass viele Frauen in dieser Zeit von Symptomen der Reizblase betroffen sind. Aber auch langanhaltender Druck auf die Blase während einer Schwangerschaft durch das Gewicht des Kindes sowie durch Übergewicht oder durch andauernde schwere körperlich Arbeit, oft gepaart mit einem schwachen Beckenboden, können die Blase stark belasten und zu entsprechenden Blasenreizungen führen. Ungünstig wirken sich darüber hinaus auch häufige bzw. chronische Blasenentzündungen aus. Sie können die Empfindlichkeit der Nerven in der Blasenwand erhöhen und damit ebenfalls die Entstehung einer Reizblase fördern.   

Reizblase beim Mann

Eine Reizblase tritt beim Mann insgesamt deutlich seltener und auch später auf als bei der Frau. Symptome zeigen sich hier meist erst ab dem 50. Lebensjahr. Ursache hierfür ist dann in erster Linie eine gutartige Vergrößerung der Prostata.

Weitere Faktoren die, die die Entstehung einer Reizblase bei Männern und Frauen begünstigen können, sind außerdem:

  • Blasensteine
  • Medikamente
  • Verletzungen der Wirbelsäule
  • Neurologische Grunderkrankungen
  • Tumore 

Ist eine Reizblase heilbar?

Die Reizblase ist eine Erkrankung, die die Lebensqualität von Betroffenen stark einschränkt und einen hohen Leidensdruck erzeugt. Viele Patienten ziehen sich aus Angst nicht rechtzeitig ein WC finden zu können, immer mehr aus dem Sozialleben zurück. Sie schämen sich oft für ihr Leiden und trauen sich nicht mal einem Arzt gegenüber, ihre Beschwerden anzusprechen. Dabei lässt sich eine Reizblase gut behandeln und in viele Fällen sogar heilen.

Behandlung der Reizblase

Die Therapie der Reizblase richtet sich in erster Linie nach den jeweiligen Ursachen der Erkrankung. Liegen Grunderkrankungen vor, müssen erst diese entsprechend behandelt werden, meist bessern sich dann auch die Symptome der Reizblase:

  • Ist z.B. Östrogenmangel die Ursache, können Frauen in den Wechseljahren östrogenhaltige Zäpfchen oder Salben helfen.
  • Eine gutartige Prostatavergrößerung kann mit Medikamenten oder auch mit einer Operation therapiert werden.
  • Sind Blasensteine für die Reizblase verantwortlich, müssen diese entfernt werden.
  • Gibt es viele Blasenentzündungen im Vorfeld, ist es wichtig diese gut auszuheilen und weiteren Ereignissen vorzubeugen.
  • Wirken sich bestimmte Medikamente ungünstig aus, sollten diese umgestellt werden.

In vielen Fällen lässt sich eine genaue Ursache für die Reizblase aber nicht exakt ermitteln. Der Arzt spricht dann von einer sogenannten idiopathischen überaktiven Blase oder auch von einer funktionellen Störung der Blasenfunktion. Das heißt so viel, wie Reizblase mit unbekannter Ursache bzw., dass keine organische Ursache für die Blasenfunktionsstörung gefunden werden konnte. Diese Form der Reizblase wird in der Regel folgendermaßen behandelt:

  • Miktionsprotokoll:
    Ein Miktionsprotokoll, auch Toilettentagebuch genannt, hilft das Ausmaß der Erkrankung zu ermitteln, indem Zeitpunkt und Trinkmenge sowie das Toilettenverhalten über einen gewissen Zeitraum schriftlich festgehalten werden.
  • Blasentraining:
    Beim Blasentraining wird versucht dem Harndrang nicht sofort nachzugeben, sondern den Toilettengang gezielt hinauszuzögern, um die Reizblase zu trainieren. Das kann helfen die Blasenkapazität allmählich wieder zu erhöhen.
  • Beckenbodentraining:
    Ein gezieltes Beckenbodentraining bei Reizblase ist ebenfalls sehr hilfreich, um die oft geschwächte Beckenbodenmuskulatur zu kräftigen.
  • Biofeedback:
    Unterstützend kann ein Biofeedback-Gerät bei den Beckenbodenübungen eingesetzt werden, das die Aktivität der Beckenbodenmuskulatur misst und dem Patienten optisch oder akustisch anzeigt.
  • Elektrostimulation:
    Therapie mit schwachen elektrischen Impulsen, um die Überaktivität der Blasenmuskulatur zu dämpfen.

Medikamente gegen Reizblase

Wenn die oben genannten Therapien nicht ausreichend Linderung bringen, gibt es noch die Möglichkeit bestimmte Medikamente einzusetzen, wie z.B.:

  • Anticholinergika, die die Blasenmuskulatur beruhigen.
  • Alternativ kann auch Botulinumtoxin, kurz Botox, in die Blasenwand gespritzt werden, was die Blasenmuskulatur für einen gewissen Zeitraum quasi lähmt.

Blasenschrittmacher gegen überaktive Blase

Bei der sakralen Neuromodulation, wie der Blasenschrittmacher fachsprachlich auch genannt wird, ist eine Operation nötig, bei der Elektroden ins Kreuzbein implantiert werden, die die Kontrolle über den Blasenmuskel wieder möglich machen können.

Psychotherapie bei Stressblase

Wenn zurückliegende Traumata, Ängste oder Zwänge. Partnerschafts- oder andere Beziehungsprobleme vorliegen, die für die Reizblase verantwortlich sein können, macht es außerdem Sinn eine Psychotherapie durchzuführen.

Hausmittel für eine nervöse Blase

Unterstützend haben sich außerdem auch Hausmittel zur Behandlung einer Reizblase bewährt. Dazu gehören unter anderem:

  • Pflanzliche Medikamente mit denen sich eine Reizblase natürlich behandeln lässt, wie etwa Goldrutenkraut gegen Reizblase, Cranberry, Kürbiskerne oder Preiselbeersaft.
  • Entspannungstechniken, die akut angewendet werden können, um Stress abzubauen, z.B. autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobson, etc.
  • Tabakentwöhnung und Rauchverzicht, da Nikotinkonsum die Blase reizt
  • Reduktion von Übergewicht, um den Druck auf den Beckenboden zu verringern
  • Erhöhung der Trinkmenge sowie blasenfreundliches Essen und Trinken.

Soll man bei einer Reizblase viel trinken?

Viele Betroffene neigen bei einer Reizblase dazu so wenig wie möglich zu trinken, um nicht so schnell wieder auf die Toilette zu müssen. Das ist jedoch ein Trugschluss, da bei zu wenig Flüssigkeitszufluss der Harn stark konzentriert, was die Blase zusätzlich reizt und den Harndrang weiter erhöht. Experten raten bei Reizblase deshalb täglich mindestens 1,5 Liter möglichst stilles Wasser oder ungezuckerten Tee zu trinken. Dabei sollte außerdem darauf geachtet die letzten beiden Stunden vor dem Schlafengehen nichts mehr oder nur noch sehr wenig zu trinken, um nachts nicht raus zu müssen.

Was nicht trinken bei Reizblase?

Ungünstig, da reizend auf Blase und Harnwege, wirken vor allem kohlensäurehaltige Getränke, Kaffee, schwarzer Tee, harntreibende Teesorten und Alkohol. Sie sollten bei Reizblase möglichst vermieden werden.

Was nicht essen bei Reizblase?

Auch bestimmte Speisen können die Harnwege reizen und damit die Symptome einer Reizblase weiter verschlimmern. Dazu gehören stark säurehaltige Zitrusfrüchte, wie Ananas, Zitrone, Orange, Heidelbeeren und deren Säfte, Tomaten, scharfe Speisen, sehr salzhaltige und sehr süße Lebensmittel.

Ist Wärme gut bei einer Reizblase?

Wärme wirkt entspannend und beruhigend auf Muskulatur und Nerven. Von daher kann sie auch bei einer Reizblase als wohltuend empfunden werden.

Hilfsmittel bei Reizblase

Patienten mit Reizblase steht darüber hinaus ein großes Sortiment an speziellen Inkontinenzprodukten, wie Einlagen, Vorlagen, Windelhosen, etc. zur Verfügung, die dazu beitragen, sich in der jeder Situation trocken und sicher fühlen zu können.