Stuhlinkontinenz: Ursachen und Therapie

Die Stuhlinkontinenz ist eine vergleichsweise häufige Erkrankung, bei der der Stuhlgang gestört ist. Allein in Deutschland sind etwa fünf Prozent der Bevölkerung betroffen. Das sind rund vier Millionen Menschen hierzulande, die an einer Stuhlinkontinenz leiden.

Ratgeber Stuhlinkontinenz: Ursachen und Therapie

Autoren-Profil

Anja Lang Medizinjournalistin

Die Stuhlinkontinenz oder auch Darminkontinenz ist eine vergleichsweise häufige Erkrankung, bei der „grob gesprochen“ der Stuhlgang gestört ist. Allein in Deutschland sind, laut Deutscher Kontinenz Gesellschaft (DKG), etwa fünf Prozent der Bevölkerung betroffen. Das sind rund vier Millionen Menschen hierzulande, die an einer Stuhlinkontinenz leiden.

Das Risiko eine Stuhlinkontinenz zu entwickeln, nimmt mit steigendem Alter deutlich zu. Deshalb sind von einer Darm- oder Stuhlinkontinenz in erster Linie ältere Menschen betroffen. Infolge der demografischen Entwicklung darf man davon ausgehen, dass die Zahl der Patienten in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen wird.

Was ist Stuhlinkontinenz?

Von einer Stuhlinkontinenz oder auch Darminkontinenz spricht man, wenn die Fähigkeit Darminhalt zurückzuhalten und kontrolliert abgeben zu können, gestört ist. Es handelt sich dabei um eine Störung des Stuhlgangs. Patienten mit einer Stuhlinkontinenz können, müssen aber nicht, zusätzlich auch an einer Harninkontinenz leiden, bei der Urin ungewollt abgeht. 

Welche Stuhlinkontinenz-Symptome gibt es?

Die Symptome von Stuhlinkontinenz zeigen sich darin, dass Stuhlgang und weitere Darminhalte in Form von:

  • Darmluft
  • Darmschleim
  • Flüssigem Stuhl
  • Geformten Stuhl

nicht mehr kontrolliert zurückgehalten werden können und damit unfreiwillig abgehen.

Schweregrade der Stuhlinkontinenz

Je nach Art und Ausprägung der Ereignisse, wird eine Stuhlinkontinenz in drei Schweregrade eingeteilt:

  • Grad 1 Stuhlinkontinenz:
    Darmwinde entweichen unkontrolliert und es kommt zu leichtem Stuhlschmieren, was sich häufig an Flecken in der Unterwäsche zeigt.
  • Grad 2 Stuhlinkontinenz: 
    Darmgase, Darmschleim und flüssiger Stuhl können nicht mehr zuverlässig zurückgehalten werden. Die Unterwäsche ist häufig stark verschmutzt.
  • Grad 3 Stuhlinkontinenz:
    Kompletter Kontrollverlust über den Abgang des Stuhls: Fester und flüssiger Stuhl, Darmschleim und Winde gehen unfreiwillig ab, ohne dass Betroffene das willentlich steuern können. 

Ursachen einer Stuhlinkontinenz

Stuhlkontinenz, also die Fähigkeit Darminhalt bewusst zurückhalten und kontrolliert abgeben zu können, ist ein hochkomplexer Vorgang, der an vielen unterschiedlichen Stellen gestört werden kann. Für die Störung des kontrollierten Stuhlgangs sind also sehr viele verschiedene Ursachen möglich, die allein oder auch in Kombination miteinander, für eine Stuhlinkontinenz sorgen können. Je nach Art der Ursache werden dabei vor allem zwei Formen unterschieden:

  • Primäre Stuhlinkontinenz
  • Sekundäre Stuhlinkontinenz

Primäre oder neurogene Stuhlinkontinenz

Von einer primären Stuhlinkontinenz spricht man, wenn eine neurologische Ursache für die Darmschwäche verantwortlich ist. Die primäre Stuhlinkontinenz wird auch neurogene Stuhlinkontinenz genannt, weil hier die Nerven, die die Darmentleerung steuern, geschädigt sind. Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben:

  • Chronische und neurologische Vorerkrankungen, wie Diabetes, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Morbus Alzheimer, etc.
  • Querschnittslähmung
  • Schlaganfall
  • Hirntumore
  • Angeborene Fehlbildungen
  • Vorangegangene Unterleibsoperationen mit Nervenschädigungen

Sekundäre Stuhlinkontinenz

Eine sekundäre Stuhlinkontinenz liegt vor, wenn andere Ursachen als Nervenschädigungen für die Darmschwäche verantwortlich sind. Dazu zählen unter anderem Gewebeverschleiß und -Alterung, aber auch Verletzungen und Schädigungen des Gewebes und der beteiligten Muskeln im Anal- und Beckenbereich, wie etwa:

  • Beckenbodenschwäche
  • Schließmuskelschwäche im Alter
  • Schließmuskelverletzungen durch Unfälle, spezielle Sexualpraktiken oder Geburt
  • Ausgeprägtes Hämorrhoidenleiden mit abnehmender Schließkraft
  • Tumore im Beckenbereich, Enddarm, Analkanal und den Sexualorganen
  • Starkes Übergewicht
  • Operationen an Enddarm, Rektum, Anus, Analkanal. Prostata
  • Chronische Durchfallerkrankungen, v.a. infolge von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
  • Entzündliche Veränderungen der Darmwand
  • Fistelbildungen
  • Chronische Verstopfung (mit Steinbildung und Überlaufinkontinenz)
  • Darmvorfall
  • Missbrauch von Abführmitteln
  • Medikamente, z.B. Antidepressiva 

Stuhlinkontinenz nach der Geburt

Frauen sind deutlich häufiger - nämlich etwa vier bis fünfmal so oft - von einer Stuhlinkontinenz betroffen, als Männer. Das hat zum einen anatomische Gründe, liegt vor allem aber an der Fähigkeit Kinder austragen und gebären zu können:

  • Um gebären zu können muss der weibliche Beckenboden insgesamt wesentlich flexibler sein als der männliche Beckenboden, was ihn aber auch schwächer macht.
  • Während der Schwangerschaft übt das wachsende Gewicht des Kindes enormen Druck auf den Beckenboden aus, was die Beckenbodenmuskulatur extrem belastet. Dadurch steigt neben dem Risiko einer Harninkontinenz, auch die Gefahr einer Stuhlinkontinenz.
  • Wenn das kindliche Becken bei der vaginalen Geburt nach außen tritt, wird der Beckenboden nochmal zusätzlich massiv geweitet, überdehnt und geschwächt.
  • Sinkt der Beckenboden ab, kann der Anal-Schließmuskel aus seiner Position geraten und nicht mehr zuverlässig abdichten.
  • Nicht selten kann es bei einer Geburt auch zu Gewebeverletzungen kommen. In Pressphase wird manchmal ein Dammschnitt nötig. Es kann aber auch zu einem spontanen Dammriss kommen. Dabei kann, neben dem Scheidengewebe, auch der nahe gelegene Anal-Schließmuskel reißen, was anschließend zu einer vorübergehenden, anhaltenden oder auch späteren Stuhlinkontinenz führt.
  • Das Risiko für eine Schließmuskelverletzung ist vor allem bei sehr langwierigen vaginalen Geburten, hohem Geburtsgewicht des Kindes sowie Zangengeburten erhöht.
  • Laut Inkontinenz Selbsthilfe e.V. berichten rund 20 Prozent der Gebärenden von einer Darminkontinenz während der Schwangerschaft und nach der Geburt. 

Therapie:
Was kann man gegen eine Stuhlinkontinenz tun?

Eine Stuhlkontinenz ist für die meisten Betroffene sehr beschämend und erzeugt einen hohen Leidensdruck. Viele trauen sich mit ihrer Erkrankung nicht mal zu einem Arzt. Dabei lässt sich eine Stuhlinkontinenz insgesamt sehr gut behandeln und in vielen Fällen sogar heilen. Warten Sie deshalb nicht zu lange, sondern suchen Sie sich so schnell wie möglich professionelle Hilfe. Denn je früher die Stuhlinkontinenz behandelt werden kann, umso besser sind die Heilungschancen.

Darminkontinenz behandeln

Die Behandlung einer Stuhlinkontinenz richtet sich in erster Linie nach den Ursachen. Sind Grunderkrankungen für die Darmschwäche verantwortlich, ist es wichtig zunächst diese zu behandeln. Für die Therapie der Stuhlinkontinenz selbst stehen außerdem eine Reihe an nichtoperativen und operativen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Konservative Therapien bei Stuhlinkontinenz

In der Regel wird immer erst versucht die Darmschwäche mit konservativen, also nicht-operativen Methoden zu therapieren. In den meisten Fällen lassen sich bereits damit sehr gute Ergebnisse erzielen. Zu den konservativen Behandlungsmöglichkeiten einer Stuhlinkontinenz gehören:

  • Beckenbodentraining
  • Biofeedback: Über Elektroden werden Muskelbewegungen beim An- und Entspannen der Beckenbodenmuskulatur durch optische oder akustische Signale sicht- bzw. hörbar gemacht werden.
  • Elektrostimulation: Dabei wird die Beckenbodenmuskulatur  mit schwachen elektronischen Impulsen passiv angeregt.
  • Regulierung des Stuhlgangs mit Medikamenten
  • Regulierung des Stuhlgangs durch Ernährung
  • Toilettentraining 

Operative Therapien bei Stuhlinkontinenz

In schweren Fällen von Stuhlinkontinenz oder, wenn die konservativen Behandlungen nicht ausreichend Besserung bringen, können auch chirurgische Eingriffe durchgeführt werden, um eine Stuhlinkontinenz zu behandeln. Dazu gehören:

  • Operationen am Schließmuskel
  • Chirurgische Schließmuskelrekonstruktion
  • Künstlicher Schließmuskel
  • Darmschrittmacher (sakrale Nervenstimulation)
  • Rektumprolaps-Operation
  • Aufpolsterung des Schließmuskels
  • Künstlicher Darmausgang (Stoma)

Stuhlinkontinenz Hilfsmittel

Zur ergänzenden Behandlung einer Stuhlinkontinenz stehen außerdem eine Vielzahl an Inkontinenz-Hilfsmitteln zur Verfügung. Sie erleichtern den Alltag und sorgen dafür, dass Sie sich in jeder Situation sicher fühlen können.

Zu den gängigen Stuhlinkontinenz Hilfsmitteln gehören:

Stuhlinkontinenz vorbeugen & Früherkennung

  • Regelmäßiges Beckenbodentraining,
  • eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener, ballaststoffreicher Kost,
  • Bewegung und
  • Vermeidung von Übergewicht

können viel dazu beitragen eine mögliche Stuhlinkontinenz im Alter zu vermeiden.

Sollten sich trotzdem erste Symptome einer Stuhlinkontinenz bemerkbar machen, sollten Sie sich nicht scheuen so rasch, wie möglich professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn die Heilungschancen stehen bei einer Stuhlinkontinenz im Anfangsstadium deutlich besser, als bei einer schon länger andauernden und fortgeschrittenen Darmschwäche.

Häufige Fragen zum Thema Darminkontinenz

In Zusammenhang mit Darminkontinenz und Störungen des Stuhlgangs tauchen jede Menge Fragen auf. Die wichtigsten Antworten auf die häufigsten Fragen haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Welche Stuhlinkontinenz-Symptome gibt es?

Die Symptome einer Stuhlinkontinenz sind nicht einheitlich.

  • Es kann sein, dass Sie an starken Blähungen leiden und Winde nicht mehr halten können.
  • Auch chronische Verstopfung mit ungewolltem Austritt von flüssigem Stuhl gehört dazu.
  • Ein typisches Kennzeichen von Stuhlinkontinenz sind aber vor allem häufige Flecken in der Unterwäsche.

Welcher Arzt hilft bei einer Stuhlinkontinenz?

Erster Ansprechpartner bei Symptomen von Stuhlinkontinenz ist der Hausarzt. Frauen können sich aber auch an Ihren Gynäkologen oder ihre Gynäkologin wenden. Facharzt für Enddarm-Erkrankungen ist ein Proktologe oder eine Proktologin. Je nach dem, was die Ursache der Stuhlinkontinenz ist, kann aber auch ein anderer Arzt oder Ärztin der oder die richtige Ansprechpartnerin sein.

Hat eine Stuhlinkontinenz psychische Ursachen?

Psychische Belastungen und Stress wirken sich immer negativ auf die Gesundheit aus und können auch bei einer bestehenden Stuhlinkontinenz die Symptome verschlimmern. In seltenen Fällen können aber tatsächlich auch schwere frühkindliche Traumen oder massive Angst- und Panikattacken eine Stuhlinkontinenz auslösen.

Worauf bei Ernährung mit Stuhlinkontinenz achten?

Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung der Stuhlinkontinenz, denn der Stuhl sollte nicht zu fest und nicht zu flüssig sein.

  • Dazu wird eine ausgewogene und ballaststoffreiche Kost empfohlen.
  • Außerdem ist es wichtig ausreichend Flüssigkeit, täglich etwa 2 Liter Wasser, zu trinken.
  • Darmreizende und blähende Lebensmittel, wie Alkohol, Kaffee, Kohlensäure, Bohnen und Kohl, sollten Betroffene dagegen eher meiden.